So gelingt das Führen virtueller Teams in der Corona-Krise

14.04.2020

Gleich zu Beginn möchte ich den wichtigsten Punkt einer erfolgreichen Führung von virtuellen Teams ansprechen: Der entscheidende Faktor ist das Vertrauen der Führungskraft in die eigenen Mitarbeiter.
Wenn das Vertrauen nicht vorhanden ist, werden die folgenden Tipps kaum oder gar nicht funktionieren. Denn auch hier gilt wie bei der Präsenzführung: Die „innere Haltung“ macht den Erfolg aus.

 

Achten Sie besonders auf folgende Punkte

Vorbereiten des Teamstarts

In der aktuellen Situation gab es kaum eine Chance, sich mit Ihrem Team auf den Onlinebetrieb und auf die Herausforderung und den besonders wichtigen Start der Remote-Arbeit vorzubereiten.

Die Aufgaben bleiben die Gleichen wie bisher. Verändert haben sich einige Prozesse, ganz besonders aber die Qualität der persönlichen Kontakte und damit die Art der Kommunikation durch die Medien. Die soziale Distanz, die wir mit dem Telefon oder einer Videokonferenz versuchen zu kompensieren, erschwert es aber, eine konstruktive Teamatmosphäre aufrecht zu erhalten.
Dass es telefonisch oder per Video schwierig ist, eine positive Stimmung zu halten bzw. die Stimmung schnell „kippen“ kann, kennt jeder, ganz besonders bei Reklamationen oder bei Konflikten. Als absolut ungeeignet ist es, schwierige (Konflikt-)Situation per WhatsApp oder per eMail zu lösen. Der Ärger oder eine Verschärfung der Situation, wäre hierbei vorprogrammiert.

Da die aktuelle Situation keine wirkliche Vorbereitung zuließ, können Sie für sich oder mit Ihrem Team prüfen, welche Themen gemeinsam noch geklärt werden sollten.

Bei der klassischen Teamarbeit ist es möglich, die Kolleginnen und Kollegen persönlich zu treffen und sich mit ihnen persönlich auszutauschen und so ein Vertrauensverhältnis aufzubauen.

Da Vertrauen nur über persönliche Erfahrungen entsteht (natürlich auch abhängig von der Persönlichkeit der einzelnen Personen) und sich (fast) jeder in einer Ausnahmesituation befindet und mit einer gesundheitlichen- oder existenziellen Bedrohung konfrontiert sieht, ist es wichtig, dass Sie als Führungskraft dafür sorgen, dass regelmäßig (täglich!) eine „Erzählrunde“ zu Themen wie: „Wie geht es Dir aktuell in Deinem Homeoffice?“, eingeplant wird. Ggf. ist es nötig, dass einzelne Mitarbeiter öfters täglich, das persönliche 4 Augen- oder 4 Ohrengespräch über Telefon oder Videokonferenz brauchen.

 

Mindestens geklärt werden sollte gemeinsam in einem Meeting

  • Sind die Aufgaben jedes Einzelnen jedem klar?
  • Sind die Ziele klar?
  • Was sind die Erwartung der Führungskraft und welche Erwartungen hat jeder Einzelne?
  • Wann und in welcher Form / Art und Weise geben die einzelnen Mitarbeiter dem Team und/oder der Führungskraft Rückmeldung?
  • Was sind Mindest-Arbeitszeiten?
    Durch die oft hohe Belastung durch die Kinderbetreuung haben viele Mitarbeiter das Bedürfnis sehr variabel arbeiten zu können. Gleichzeitig ist es aber auch nötig, dass sich das Team austauchen und sich gegenseitig unterstützen kann.
  • Wie sind die einzelnen zu den anderen Zeiten erreichbar?
  • Wann findet statt: Telefon-, Video-, Audiokonferenz? Wann per eMail oder persönlich kommuniziert?
  • Wie soll Arbeitsmaterial / Dokumente zu Hause abgelegt werden?
  • Wie geht man damit um, dass oft der Partner oder Partnerin ebenfalls zu Hause im gleichen Raum arbeitet? (Thema: Datenschutz).
  • Ist es im Moment zulässig, dass der Partner z.B. bei Telefonaten oder bei Videokonferenzen anwesend ist?
  • Wie fit sind die Mitarbeiter bei der Benutzung der Medien bzw. wer hat welche Fragen zu den Tools?
  • Wie gehen wir bei Missverständnissen oder Fehlern miteinander um? (Umgang mit Konflikten. Denken Sie daran, dass eine mangelnde professionelle Konfliktlösung eine der häufigsten Gründe für das Scheitern der virtuellen Zusammenarbeit ist)

 

Alte Rituale und Gewohnheiten lösen sich auf – Gemeinsame Regeln sind nötig und neue Rituale entwickeln sich

    Fast alles Vertraute des „alten“ Arbeitsplatzes fehlt und die aktuelle Situation ist nicht nur kommunikativ, sondern auch organisatorisch anders. Es wird eine Weile dauern, bis sich neue Rituale entwickelt haben.

    Die Situation ist im Homeoffice für viele improvisiert. Manche arbeiten an ihrem persönliche PC, es gibt vermutlich keinen richten Arbeitsplatz, sondern nur den Küchentisch, die Kinder können schnell stören und der Partner arbeitet womöglich am gleichen Tisch.
    So stellen sich Fragen wie: Wo werden die Dokumente aufbewahrt? Wie kann ich den Wohnzimmer-Arbeitsplatz organisieren? Wie gehe ich mit meinen Kindern um? Wie kann ich unnötige Störungen möglichst reduzieren? Wie teilt sich ein (Ehe-)Paar die Arbeitszeiten im Wohnzimmer auf?
    Das sind alles Themen, die nicht nur sachlich relevant sind, sondern die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter emotional beschäftigen.
    Virtuell erfahrene Führungskräfte ermöglichen es deshalb, dass vor und nach virtuellen Konferenzen Zeit für Smalltalk bleibt, an dem sie selbst regelmäßig teilnehmen und so als Vorbild fungieren.

     

    Worauf sollten Sie als Führungskraft jetzt besonders achten?

      • Ein genereller Unterschied zu Teams die sich regelmäßig persönlich treffen können ist, dass sich virtuelle Teams nicht selbst regulieren. Deshalb ist ganz besonders jetzt Führung gefragt; aber eine moderierende und keine kontrollierende.
      • Für Sie als Führungskraft ist es jetzt besonders wichtig, dass Sie viel zuhören und viele Fragen stellen. Sie sollten sich unbedingt inhaltlich zurücknehmen und die Mitarbeiter reden lassen und besonders vorsichtig dabei sein, schnell Anweisungen zu geben.
        Eine direktive Art der Führung auf Distanz funktioniert nicht, wenn die Mitarbeiter noch emotional „aufgeladen“ sind. Sie brauchen jetzt für ihre Mitarbeiter viel mehr Zeit als Sie es gewohnt sind.
      • Sätze wie: Man kann sich auch mal zusammenreisen („Ich tue das ja auch“) helfen im Moment nicht weiter. Führungskräfte sollte sich immer klar machen, dass Mitarbeiter auch krank machen können, und so schnell und einfach wie aktuell ging dies noch nie.
      • Wichtig ist es jetzt besonders, dass Führungskräfte eine Haltung entwickeln, mit der es ihnen gelingt, wirklich „Emotionsmanager“ und nicht „Chef“ zu sein.
      • Sind Sie vorsichtig mit Ihren Formulierungen, vor allem dann, wenn es schwierige Themen sind. Nehmen Sie sich Zeit dafür und sprechen Sie alle notwendigen Themen an. Schwierige Themen sind jetzt ganz besonders: Alle Leistungsthemen (Fehler, Menge, Qualität) und das Verhalten und die Reaktionen der Mitarbeiter.
      • Berücksichtigen Sie auch kulturelle Unterschiede und thematisieren Sie diese. Diese können nicht nur zwischen Regionen, sondern auch zwischen Abteilungen bestehen, so wie sie viele aus der Projektarbeit kennen. Sprechen Sie die Situation/Verhalten einfühlend, aber klar an und erarbeiten Sie gemeinsam eine Lösung.
        Denken Sie daran, dass kulturelle Unterschiede mit zu den Hauptgründen zählen, weshalb virtuelle Teams scheitern.
      • Loben Loben, Loben … (ganz besonders sollten Sie darauf achten, dass Sie beim Loben konkrete Beispiele bringen und nicht nur allgemeine Aussagen wie: „Ich bin mit Deiner Leistung sehr zufrieden“. Machen Sie deutlich, mit was genau Sie zufrieden sind.
      • Denken Sie auch an das gemeinsame Feiern, an die Geburtstage und Jubiläen. Auch jetzt in emotional belasteten Situationen. Dies können Sie z.B. mit oder ohne Bier oder einem Glas Wein abends in einer Videokonferenz, auch mit Smalltalk, Späßen oder Witzen machen.

      Ich wünsche Ihnen alles Gute und bleiben Sie Mensch. Damit erreichen Sie schon sehr viel Akzeptanz.

       

      Wenn Sie Fragen haben, rufen Sie uns an. Freuen uns darauf.
      Dr. Albrecht Müllerschön . managementberatung müllerschön . +49 (0)7477 151 105
      https://www.muellerschoen-beratung.de/


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