Teamentwicklung als Change Management-Prozess

10.05.2013

Von Hochleistungs-Teams kann nur dann gesprochen werden, wenn die Interaktion zwischen den Mitgliedern funktioniert und ein gemeinsames Wir-Gefühl vorhanden ist. Dies lässt sich jedoch nicht verordnen. Es muss wachsen. Deshalb ist das Ziel jeglicher Teamentwicklung, primär die Veränderung der persönlichen Haltungen und erst als Folge, das Verhalten der Teammitglieder zu entwickeln.
Wo aber ansetzen, bzw. was sind starke Hebel, um nachhaltige Veränderungen zu bewirken?
Teams leben durch Interaktionen in denen sich die einzelnen Mitglieder gegenseitig beeinflussen. Dies bedeutet, dass ein zentraler Hebel der Veränderung, die Beeinflussung dieser Interaktion darstellt.
Die erfolgreichste Beeinflussung geschieht hierarchisch nach dem Prinzip: Der Stärkere beeinflusst stärker - der Schwächere schwächer. Deshalb muss bei einem erfolgreichen Changeprozess herausgefunden werden, was jeweils dominiert, damit dies dann als starker Hebel genutzt werden kann. Grundsätzlich lassen sich vier verschiedene Ebenen der Beeinflussungsmöglichkeiten unterscheiden:

  1. Externe Bedingungen
  2. Interne Bedingungen
  3. Regeln und Vorschriften
  4. Verhalten und Prozesse

Viele Veränderungsversuche in Teams oder gar firmenübergreifend setzen auf der Ebene vier „Verhalten und Prozesse“ an, da dies am einfachsten ist. Die Praxis zeigt jedoch, dass dieser Ansatz zum Scheitern verurteilt ist.
Die Verantwortlichen appellieren dabei durch Vorträge, Ermahnungen oder durch „gut Zureden“ an die Mitarbeiter, das Verhalten zu verändern. 

Typische Aussagen sind hier:

  • Wichtig ist ...
  • Man sollte ...
  • Ihr müsst ...
  • Wenn das so weitergeht ...

Dass diese Apelle nichts bewirken, lässt sich sehr gut an der Kindererziehung beobachten, bei der oft die gleichen Formulierungen verwendet werden und der Erfolg in der Regel ebenso ausbleibt. Mit folgendem typischen Führungsverhalten wird auf dieser Ebene gearbeitet:

  • Druck aufbauen
  • Drohungen
  • Sanktionen

Da wir Menschen jedoch emotional - und nicht nur rational entscheiden und handeln, erzeugt dies bestenfalls rationale Einsicht, den guten Worten folgen jedoch meist keine Taten. Am wahrscheinlichsten ist dabei, dass dadurch nur Widerstand aufgebaut wird. Eine bessere Basis für Veränderungen in Teams ist die Ebene drei. Die Ebene der Regeln und Vorschriften. Das heißt, das Team verändert die bestehenden Regeln gemeinsam und verständigt sich darauf, wie die Zusammenarbeit in Zukunft sein soll.
Da sich hierbei alle verändern müssen, ist die Wirkung deutlich stärker und durch den partizipativen Prozess, nicht nur die Akzeptanz höher, sondern auch die Einhaltung weit eher gewährleistet. Diese Ebene ist auch deshalb so interessant und wichtig, da alle Teams, vor allem wenn sie ein Wir-Gefühl und sich zu einem Hochleistungsteam entwickeln wollen, diesen Prozess durchlaufen müssen.
Hochleistungsteams entstehen nicht einfach per Zufall, sondern müssen vier Phasen durchlaufen (siehe Schaubild), um dort hinzukommen.
Führungskräfte, die diese Prozessschritte scheuen, meist aus Angst vor den dabei entstehenden Konflikten, müssen sich immer mit suboptimalen Ergebnissen zufrieden geben. Das folgende Schaubild, zeigt die vier Phasen der Teamentwicklung und macht deutlich, dass ein Team nur dann erfolgreich ist, wenn es diese Phasen durchläuft. Durch das gemeinsame Arbeiten auf dieser Ebene, werden für das Team verbindliche Verhaltensregeln vereinbart. Diese können z.B. sein:

  • Wir gehen wertschätzend miteinander um
  • Vor der Kritik kommen erst positive Rückmeldungen (übrigens: Hochleistungsteams haben ein Verhältnis von 6 : 1 = Anerkennung/Lob : Kritik)
  • Besprechungen beginnen immer pünktlich
  • Bei Unklarheiten fragen wir nach
  • Wir sprechen betroffene Personen immer direkt an ...
  • ...

Insgesamt können Regeln z.B. für folgende Themen vereinbart werden:

  • Umgang mit Kritik und Unterstellungen
  • Anerkennung / Wertschätzung der eigenen Person/Arbeit
  • Teamstellung nach außen
  • Prozess der Entscheidungsfindung
  • Informationsfluss / Transparenz
  • ...

Dieser gemeinsame Klärungsprozess (gerade auch bei massiven Teamkonflikten) erzeugt eine hohe Akzeptanz und damit eine hohe Umsetzungswahrscheinlichkeit. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass die Umsetzung „kontrolliert“ wird und mindestens in der Anfangsphase, bis die Gewohnheiten überwunden sind, regelmäßiges Feedback stattfindet. Selbstverständlich erreichen wir auf der Eben zwei „Interne Bedingungen“ eine schnellere und nachhaltigere Veränderung des Verhaltens der Mitarbeiter. Denn wer die Bedingungen ändert, bestimmt auch die Regeln. Und dies führt zwangsläufig zu Verhaltensänderungen. In Betrieben passiert dies z.B. durch die Einführung oder Änderung von:

  • Bonussystemen / Entlohnungssystem
  • Neuen Organisationsstrukturen
  • Reduzierung oder Schaffung von neuen Hierarchieebenen
  • Aufteilung oder Zusammenlegung von Teams
  • Qualifizierungssystemen
  • Veränderung der Firmenstrategie
  • Standortverlegung
  • Änderungen der Arbeitszeiten
  • Einführung von Schichtbetrieb
  • Budgets / Ausstattung
  • ...

Gerade bei den Veränderungen der Rahmenbedingungen (Ebene Zwei) ist die zusätzliche Berücksichtigung der Ebene drei „Regeln und Vorschriften“ zu berücksichtigen und ggf. zu überarbeiten. Nur so bleiben sie leistungsfähig und das Wir –Gefühl kann aufrechterhalten werden. Den max. Einfluss auf Verhaltensänderungen besitzt die Ebene eins. Die Veränderungen der externen Bedingungen. Dabei handelt es sich um Veränderungen wie:

  • Gesellschaftliche Veränderungen, wie Änderung der Einstellung z.B. der Work-Life-Balance (Y-Generation),
  • Hohe Arbeitslosigkeit vs. Vollbeschäftigung bzw. Fachkräftemangel
  • Änderung des Kaufverhaltens der Kunden
  • Politische Veränderungen etc.

Auf diese Ebene haben Firmen bzw. Teams keinen Einfluss, weshalb wir sie hier nicht berücksichtigen. Fazit Ausgehend vom Grundgedanken des Change-Managements, können und müssen Teams zusammen mit deren Führungskraft ihre Regeln und Vorschriften (Ebene Drei) immer wieder überprüfen und den veränderten Rahmenbedingungen anpassen.
Auf dieser Ebene haben Sie eine hohe Macht bzw. einen sehr wirksamen Hebel, eine Sie selbst betreffende Verhaltensänderung zu bewirken.
Bei einer wenig konfliktbehafteten Teamdynamik, ist jede Führungskraft selbst in der Lage, diesen Prozess zu steuern. Tipp

  • Prüfen Sie für sich oder mit Ihrem Team, in welcher der vier Phasen sich Ihr Team befindet (siehe Bild oben)
  • Welche offiziellen und versteckten Regeln gelten in Ihrem Team und sind diese förderlich?
  • Wo sollte nachgebessert werden?
  • Wie offen können Sie in ihrem Team kritische Themen ansprechen? (Konfliktkompetenz)
  • Wie oft stellt sich das Team auf den Prüfstand?
  • Vereinbaren Sie ggf. mit Ihrem Team einen Workshop (1 bis max. 2 Tage), in dem Sie die aktuelle Team-Situation reflektieren und sich neue bzw. veränderte Regeln verschreiben und diese regelmäßig überprüfen.

Albrecht Müllerschön


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