Wird Coaching in seiner Wirkung überschätzt?

30.06.2014
Coaching ist in aller Munde. Die Frage stellt sich jedoch, ob es wirklich die oft gepredigte Wunderwaffe ist? In der Zwischenzeit ist wissenschaftlich nachgewiesen, dass Coaching ein wirksames, berechtigtes und begehrtes Mittel der Personalentwicklung darstellt.
Trotzdem, kommen immer wieder die gleichen Fragen auf:
  • Wann ist Coaching eine sinnvolle Methode?
  • Wie sieht es mit dem Return on Investment (ROI) aus?
Entsprechend einer Metastudie von Hansjörg Künzli von der Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaften, bewirkt Coaching beträchtliches. Wirkungen, die für alle Zielgruppen gelten, sind z.B. folgende:
  • Führungskräfte und Verkäufer entwickeln ihre Führungs- Verkaufskompetenzen (Rollenverständnis)
  • Grundsätzlich erkennen die Coachees neue Sichtweisen und Perspektiven
  • Sie fühlen sich emotional entlastet und können mit Stress souveräner umgehen
  • Sie erhöhen die persönliche Reflexionsfähigkeit und verändern ihr Beziehungsverhalten
  • Sie handeln und kommunizieren effektiver und lösen Konflikte professionell
  • Sie werden für neue Erfahrungen offener
  • Sie verhelfen ihren Organisationen durch mehr Effizienz und Effektivität zu mehr Erfolg
  • Coaching hilft Menschen ihre Ziele zu erreichen
Es zeigt sich auch, dass:
  • Coachees das Coaching als Methode weiterempfehlen
  • Der Nutzen daraus nachhaltig ist
  • Arbeitsbeziehungen verbessert werden
  • Die Zufriedenheit im Job und mit sich selbst als Person steigt
  • Mittelbar Betroffene wie Mitarbeiter, Vorgesetzte und andere Personalverantwortliche den Nutzen von Coaching generell hoch einschätzen.
Hansjörg Künzli: Wirksamkeitsforschung im Führungskräftecoaching, in: OSC, März 2009

Coachings eignen sich vor allem:

  • Wenn das (Top-) Management einen Sparringspartner braucht, um strategische Fragen zu klären, für die es im Betrieb keinen kompetenten oder vertrauensvollen Ansprechpartner gibt
  • Wenn Fach- oder Führungskräfte eine Standortbestimmung durchführen und die beruflichen Perspektiven klären und Veränderungen einleiten möchten
  • Wenn es sich z.B. bei Veränderungsprozessen um die Klärung der konkreten Vorgehensweise handelt
  • Wenn die persönliche Belastung reduziert und die persönliche Souveränität gesteigert werden soll
  • Wenn es darum geht, eingefahrene Verhaltensmuster und Einstellungen zu reflektieren ggf. zu verändern oder insgesamt die eigene persönliche Entwicklung zu beschleunigen
  • Wenn große oder schwierige Vertragsverhandlungen vorbereitet oder gerettet werden sollen
  • Wenn schwierige Entscheidungen einen unabhängigen Blick brauchen
Im Einzelnen ist jedoch zu prüfen, ob nicht ein Training für die entsprechende Fragestellung angebrachter und kostengünstiger ist.

Investition und ROI

Meist aus Kostengründen, werden Einzel-Coachings bei Multiplikatoren (Führungskräfte, Vertriebsmitarbeiter, Mitarbeiter im Personalbereich) und bei wichtigen Spezialisten durchgeführt. Die Kosten des Business-Coachings liegen schnell im Bereich von € 2.000 – € 6.000. Dabei stellt sich natürlich die Frage. Lohnt sich diese Investition? Entsprechend der oben angeführten Metastudie von Prof. Künzli liegt die Produktivitätssteigerung nach einem Coaching bei ca. 10 % und einem Return on Investment von deutlich mehr als 200 % aus. Einige Studien zeigen sogar einen ROI von 270 %

[Dabei wird folgendermaßen gerechnet: Vollkostensatz des Coachings von CHF 600.- für eine Coachingstunde (inkl. Opportunitätskosten und Prozesskosten), einer Coachingdauer von 12 Stunden und Lohnvollkosten von CHF 150.000.-]

Selbst wenn man die Ergebnisse in Frage stellen und sehr konservativ rechnen würde, und die Resultate deshalb halbiert oder gar viertelt, ist der ROI immer noch positiv.

Die Mindestanforderung an ein Coaching und wichtige Erfolgsfaktoren

Die prozesshafte Mindestanforderung an ein Coaching stellt das GROW-Modell dar. Es steht für:
G = „Goal setting“, R = „Reality“, O =„Options“ und  = „Will power“.
Dies zeigt zum einen, und daran scheitern leider viele Coachings, dass klar definierte und realistische Ziele definiert werden müssen. Im Coachingprozess werden diese mit dem Coach, der jeweiligen Führungskraft und dem Coachee abgesprochen (Coaching-Auftrag). In den Coachingsitzungen werden die Optionen/Veränderungen bearbeitet und der Coach unterstützt den Coachee auch bei der Umsetzung. Das Modell zeigt auch, dass eine wesentliche Grundlage eines erfolgreichen Coachings der Wille (Will power) des Coaching-Kandidaten selbst ist.
Grundsatz: Ohne Eigenmotivation und der Bereitschaft des Coachees selbst aktiv mitzuarbeiten und sich zu öffnen und zu reflektieren, macht Coaching keinen Sinn. Z.T. wird versucht, Coachings als Ersatz für unangenehme aber notwendige Führungs- / Personalgespräche durchzuführen.
Dies macht sich dann entweder bei der Auftragsklärung deutlich, indem von Seiten der verantwortlichen Führungskraft keine klaren Statements kommen, oder aber im Versuch, eine Hidden Agende parallel laufen zu lassen.
Beides macht keinen Sinn und widerspricht dem notwendigen Vertrauen und dem Verschwiegenheitsverständnis eines Coachings. Und kein seriöser Coach wird sich darauf einlassen. In den Metastudien von Hansjörg Künzli wird ebenfalls aufgezeigt, dass Vertrauen eine wichtige Basis jedes erfolgreichen Coachings darstellt. Die Studien zeigen, dass das Vertrauen dann am höchsten war, wenn:
  1. der Coachee/Klient willens war, offen und ehrlich über seine Gefühle und Gedanken zu sprechen, und er gleichzeitig eine unterstützende und nicht wertende Reaktion vom Coach erhielt,
  2. die Organisation sich gegenüber dem Coaching offen und unterstützend zeigte,
  3. Coach und Klient sich, hinsichtlich der Erwartungen, bezüglich der Vertraulichkeit und der zu erzielenden Ergebnisse im Klaren waren.
Schwierig ist es, einen angemessenen und qualifizierten Coach erst einmal zu finden. Hier spielt das Vertrauen, das der Coachee zum Coach hat, neben seiner Qualifikation, eine zentrale Rolle. Im Alltag zeigt sich oft, dass „man“ sich schon kennt oder aber sich auf Empfehlungen verlässt. Probehalber wird manchmal auch ein „Testcoaching“ durchgeführt und im Anschluss daran entschieden, ob eine Zusammenarbeit sinnvoll ist. Falls Sie Fragen zur Durchführung von Coachings haben, rufen Sie uns an. Albrecht Müllerschön, Christina Seitter Unternehmensberatung müllerschön

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