Selbstmanagement im Umgang mit Vermeidungsverhalten und Unlustgefühlen

14.02.2013

Kampf der Aufschieberitis

Selbstsabotage ist ärgerlich, betrifft aber jeden! Jeder kennt es: Das Spielchen zwischen Engelchen und Teufelchen. Nicht nur bei den wohlgemeinten Vorsätzen für das neue Jahr. Wir kennen es aus der Zeit der Prüfungsvorbereitung, in der das Zimmer meist so sauber aufgeräumt war wie nie zuvor. Die Terminvereinbarung mit dem Zahnarzt wird immer wieder vergessen oder der längst fällige Kundenanruf wird von Tag zu Tag verschoben. Die Aufschieberitis begleitet uns ständig. Selbst Hochleistungssportler und Top-Manager, die einen sehr streng strukturierten Tagesablauf haben, kennen dieses Phänomen. Deshalb stellt sich die Frage, weshalb wir uns selbst sabotieren und die Umsetzung unserer Ziele immer wieder verschieben? Studien zufolge leiden ca. 30 % der Erwachsenen an ihrer eigenen Aufschieberitis. Hier geht es nicht darum, Prioritäten zu verändern, wenn sich die Rahmenbedingungen verändert haben, sondern darum, dass uns immer wieder bewusst ist, dass wir etwas unwichtiges oder angenehmes erledigen, um etwas wichtiges, aber im Moment unangenehmes nicht tun. Obwohl wir wissen, dass ein anderes Verhalten für uns besser wäre. Schätzungen zufolge erleiden ca. 40 % der Erwachsenen dadurch sogar persönliche Nachteile. Interessant ist, dass Aufschieberitis nichts mit Faulheit zu tun hat. In welchen Situationen kennen Sie selbst dieses Verhalten?

Aufschieberitis hat einen hohen Preis

Geplatzte Termine, nicht erledigte Aufgaben, Vorwürfe von Anderen, Schuldgefühle, Stress usw. Und deshalb führt es zu einer Menge an negativen Konsequenzen. So macht es unzufrieden, schwächt das Selbstvertrauen (keine wirklichen Erfolgserlebnisse und mögliches Grübeln), es setzt Sie unter Druck und verhindert, wichtige Ziele zu erreichen.

Das Vermeidungsverhalten wird durch positive Konsequenzen belohnt.

Ich persönlich bin davon überzeugt, dass kein Mensch über Jahre hinweg etwas tut oder unterlässt, wenn es ihm nur Nachteile bringen würde. Vordergründig mag etwas zum Nachteil werden, hintergründig sind mindestens sekundäre, emotionale Vorteile im Spiel. Dies können z.B. sein:
  • unangenehmen Gefühlen auszuweichen
  • bestimmte Ängste zu vermeiden
  • das eigene Selbstwertgefühl zu stärken
  • nicht immer funktionieren zu müssen (die Illusion pflegen: Das Leben muss immer schön sein)

Vermeidungsverhalten führt zu Stress

Der Hauptgrund für die Aufschieberitis sind meist eine geringe Frustrationstoleranz und die dahinter liegenden irrationalen Glaubenssätze wie zum Beispiel “Es muss mir alles leicht im Leben fallen“, „Ich möchte die unangenehme Spannung nicht ertragen“ oder „Es darf nicht weh tun“. Irrationale Überzeugungen oder Glaubenssätze sind ein unqualifizierter Versuch, Frust und Unlustgefühle zu vermeiden – und führen genau zum Gegenteil. Jeder von uns kennt Menschen, die jeder Schwierigkeit aus dem Weg gehen oder ständig bemüht sind, sich nicht zu sehr zu belasten. Interessanterweise sind gerade dies Menschen, die mit ihrem Leben am unzufriedensten sind. Der Grund hierfür: Sie haben keine Erfolgserlebnisse und tragen negative Gefühle über Tage oder Wochen vor sich her. Man muss dabei aber nicht nur auf andere schauen. Jeder hat schon die Erfahrung gemacht, dass es viel einfacher ist, Dinge aufzuschieben als sich den unvermeidlichen Frustmomenten zu stellen.

Sich selbst belügen

Natürlich haben wir immer einen Grund, weshalb wir im Moment etwas nicht tun können. So dass die Gefahr besteht, dass wir rationalisieren, Erklärungen für unser Verhalten suchen (Ausreden finden) und die Aufschieberitis versteckt stattfindet.
  • Aufschieben über die Priorität: Man vergibt hohe Prioritäten für scheinbar eilige und angenehme Aufgaben und gaukelt so sich selbst vor, an wichtigen Aufgaben zu arbeiten und für andere Aufgaben eben keine Zeit zu haben.
  • Aufschieben über wünschenswertes Optimum: Der morgige Tag könnte für die Lösung gerade dieses Problems besser geeignet sein als der heutige.
  • Aufschieben durch den fehlenden Überblick im Tagesgeschäft: Sie ist der typische Fall von mangelnder Planung. In der Firma fällt Ihnen ein, dass Sie Ihrer Frau unbedingt die Kleider aus der Reinigung holen wollten oder zuhause fällt Ihnen ein, dass Sie unbedingt den Kunden X anrufen sollten, es dann aber immer wieder vergessen. Deshalb machen Sie immer mindestens eine Tagesplanung und als Mindestanforderung eine To-Do-Liste. 

Tipps

Selbstmanagementstrategien zur Bewältigung der Aufschieberitis

Schritt 1: Gezielte Einstellungsänderung und Konfrontation mit dem Frust: Im ersten Schritt geht es darum, die eigenen Glaubenssätze/irrationale Überzeugungen kritisch zu hinterfragen, und diese konstruktiv umzuformulieren, denn diese stellen wichtige Weichen zur Veränderung unseres Verhaltens. So wird z.B. aus:
  • „Ich muss mich nicht quälen, es geht auch so!“ – „Wenn ich mich jetzt überwinde, dann habe ich es hinter mir!“
  • „Es muss mir im Leben alles leicht fallen!“ – "Es muss mir im Leben nicht alles leicht fallen!“
  • „Ich möchte die unangenehme Spannung nicht ertragen!“ – "Nur wenn ich die Spannung ertrage, entwickle ich mich weiter!“
  • „Ich halte das nicht aus!“ – "Ich bin gespannt, wie lange ich dies ertragen kann!“
Gerade in der Anfangsphase ist es jedoch selbstverständlich, dass bei der Konfrontation mit der „Unlust“, weitere Unlustgefühle und Hürden auftreten, die ganz normal sind und dazu gehören. Anspruchsvolle Ziele haben ihren Preis - und sind es wert, in sie zu investieren. Schritt 2: Haben Sie eine klare Vision von Ihrem Ziel Je besser es Ihnen gelingt, ein sehr differenziertes Bild (möglichst farbig) von Ihrem Zielzustand und dem Gefühl, dass Sie haben werden, wenn Sie Ihr Ziel erreichen, haben, desto motivierter gehen Sie die Sache an.
Suchen Sie sich außerdem ein Vorbild, das Sie positiv motivieren, ein guter Ratgeber sein kann oder jemand ist, an dem Sie sich messen wollen. Schritt 3: Sozialer Druck herstellen Mit Hilfe eines kleinen Tricks, können Sie Ihre Durchhaltefähigkeit steigern. Erzählen Sie Ihren Arbeitskollegen und Freunden, was Sie sich vorgenommen haben oder solidarisieren Sie sich am besten mit anderen Kollegen und arbeiten Sie gemeinsam an diesem Ziel. Diese Strategie hilft Ihnen zum einen, da die Angst vor der Blamage ein Rückfallen in alte Gewohnheiten eher erschwert und zum anderen, kann man sich in der Gruppe gegenseitig unterstützen und sich motivieren. Schritt 4: Nicht nachdenken – einfach tun Viele kennen den Kampf morgens beim Aufstehen. Der Wecker klingelt und man möchte nur noch fünf Minuten schlafen. Aus fünf werden 10 und aus 10 wird dann eine viertel Stunde. Mit der Konsequenz, dass danach alles unter Stress abläuft. Dies läuft dann immer wieder nach dem gleichen Muster, im Prinzip, wie bei kleinen Kindern ab. „Erst das Eis und dann die Hausaufgaben“. Das Ergebnis dieses Spielchens, kennt auch jeder. Deshalb gilt das „Sofort-Prinzip“. Dies bedeutet, dass immer dann, wenn Sie sich etwas vorgenommen haben, Sie nicht mehr darüber nachdenken, sondern umsetzen.
Das Problem vieler dabei ist, dass sie glauben, dass erst die Lust kommen muss, bevor sie die Arbeit anpacken. Die Lust kommt aber oft durch das Tun oder durch das Erfolgserlebnis nach der getanen Arbeit. Schritt 5: Haben Sie noch Freude an Ihrer Arbeit? Ein Grund der Aufschieberitis kann an der eigenen Motivation oder am Spaß an der Arbeit liegen. Erstellen Sie sich eine Zwei-Spalten-Liste mit pro und contra und tragen hier für eine längere Zeit die Bewertung Ihrer Arbeit ein. Wenn der negative Teil überwiegt, sollten Sie unbedingt mit jemanden darüber sprechen und Ihre Situation kritisch reflektieren. Dabei sollten Sie sich der ursprünglich positiven Aspekte der Arbeit wieder bewusst machen. Möglicherweise ist es auch nötig, das eigene Selbstvertrauen wieder zu stärken. Reflektieren Sie, woher Sie Ihre Erfolgserlebnisse bekommen?
Machen Sie sich bewusst, wo Ihre Stärken liegen und ob diese noch zu ihrer Tätigkeit passen. Machen Sie sich auch immer wieder das Erfolgsgefühl bewusst, wenn Sie eine unangenehme Aufgabe erledigt und hinter sich gebracht haben. Antizipieren Sie dieses Gefühl, so wie wenn Sie auf einen Berg steigen und sich das tolle Gefühl vorstellen, wenn Sie da oben sind. Denn solange Sie auf der „Piste“ sind, macht das Wandern oft keinen Spaß. Schritt 6: Realistisch bleiben Die Überwindung der eigenen Unlust, ist oft frustrierend. Deshalb nehmen Sie sich nicht zu viel vor. Arbeiten Sie in kleinen Schritten und beobachten Sie Ihren Fortschritt.     
Beginnen Sie z.B. mit einem halben Tag und steigern Sie dies im Laufe einiger Wochen auf z.B. 80 % all der Tätigkeiten, bei denen Sie selbst bemerken, dass Sie geneigt sind, sie aufzuschieben. Viel Erfolg! Albrecht Müllerschön

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