Unsicherheit, Ohnmacht, Wut und Eigenverantwortung
Wie Sie Stress in der aktuellen Situation bewältigen und konstruktiv bleiben.
Die aktuelle Situation hat unser Leben so sehr verändert, dass wir mit neuen Herausforderungen, Verboten oder auch mit der Angst vor dem Jobverlust konfrontiert sind und lernen müssen, vielleicht auch dürfen, damit umzugehen. Das was seit über einem Jahr vor sich geht, ist ein typischer Change-Prozess, der wie bei allen Veränderungen im Leben, unterschiedliche Reaktionen hervorruft; und immer nach den gleichen Prinzipien verläuft. Bisheriges und Gewohntes funktioniert nicht mehr und dem müssen wir uns stellen. Dies verursacht Stress, oder Wut und vielleicht sogar Ohnmacht. Wie aber damit umgehen?
Um in unterschiedlichsten Situationen angemessen agieren zu können, werden immer alte Denk- oder Verhaltensmuster aktiviert; Muster, die für frühere Situationen entwickelt wurden und z.T. jetzt nicht mehr funktionieren. Die Konsequenz ist, dass wir uns herausgefordert oder gestresst fühlen. Dies kann uns dann in Gedanken wie: „Das schaffe ich nicht“ oder „Wie soll ich das denn aushalten?“ bewusst werden. Andere wiederum reagieren z.B. mit „“Endlich bin ich gezwungen für mich zu klären, wie es in meinem Leben weiter gehen soll“.
Gewohnte sogenannte „Überlebensstrategien“ funktionieren nicht mehr
Unsere eigene Biologie möchte alles was wir tun, mit möglichst wenig Aufwand, am besten automatisiert, tun. Unser erlerntes automatisiertes Verhalten funktioniert jedoch jetzt oft nicht mehr, so dass wir neue Verhaltensmuster bzw. neue Routinen oder neue Denk– und Reaktionsmuster für viele neue Situationen erlernen müssen.
Das ist jedoch anstrengend. Einfacher und bequemer wäre es, bei unseren gewohnten Mustern zu bleiben.
Dieses Neu-Lernen ist aber auch eine Chance. Die Chance für sich persönlich zu klären, was „man“ wie zukünftig will. Wie „man“ sich verhalten will, um dann das eigene Denken oder Verhalten ggf. neu auszurichten
Wann entsteht Stress?
Stress entsteht immer dann, wenn wir der Meinung sind, dass wir der Situation nicht gerecht werden können.
Eine gesunde und verantwortungsvolle Reaktion darauf wäre zu klären, wie man sich konkret in der „neuen“ Situation verhalten möchte.
Fakt ist, dass ein ganz erheblicher Anteil von Menschen jedoch sehr emotional oder gar mit Angst reagiert. Diese Angst können aber viele Menschen selbst nicht akzeptieren (Angst passt nicht in unsere Gesellschaft), so dass diese mit kompensierendem Stressverhalten (um es zu überspielen), sogenannten Stressprogrammen, reagieren. Dieses Ignorieren von Angst oder Stress kann dann wiederum zu folgendem Verhalten führen: Verleugnung der Situation, Aggressivität, Perfektionismus, Ärger und ständige Unzufriedenheit, sich gehetzt fühlen, Fluchtverhalten, Katastrophen-Gedanken.
Viele Menschen sind überlastet
Bei vielen führt die aktuelle Situation zu einer emotionalen Überforderung (bei manchen auch zu einer intellektuellen), so dass sie kaum noch Energie oder die Bereitschaft haben, sich mit abweichenden Meinungen auseinander zu setzen.
Ganz besonders häufig lässt sich im Moment beobachten, dass Menschen rationalisieren und damit ihr Gefühl bzw. ihre Angst oder Ohnmacht verdrängen und intellektuell versuchen, ihre Sichtweise als richtig und vernünftig darzustellen. So werden Andere für die Situation verantwortlich gemacht oder „man“ weiß selbst alles besser.
In der Psychologie nennt man dieses Verhalten „Dissonanz Reduktion“. Das bedeutet, dass die wahrgenommene Differenz vom eigenen Wunschdenken und der gespürten Realität nicht akzeptiert wird und stattdessen die Sichtweise anderer bagatellisiert, abgelehnt wird oder aber die Verantwortung auf andere geschoben wird. Das Ziel hierbei ist, sich selbst nicht verändern zu müssen und die Welt für sich wieder stimmig zu machen.
Typische Aussagen hierfür sind: „Das ist alles nicht so schlimm…“, „Die müssten mal …“, „Die sollen doch selbst mal ...“, „Da weiß man ja nicht mehr, was richtig ist ...“, „Jeder kann doch selbst für sich entscheiden und Verantwortung übernehmen …
So vernünftig sich diese Argumentation auch anhört, so deutlich wird dieser Verdrängungsmechanismus an der damit verbunden Emotionalität und Hartnäckigkeit z.B. bei Diskussionen.
Die alternative Weise damit umzugehen ist, sich dieser Unsicherheit, Ohnmacht oder Angst zu stellen, in dem „man“ sich seiner wahren Gefühle, Bedürfnisse und Ängste bewusst wird und für sich klärt, was genau man will, um so neue Verhaltensmuster und Strategien zu entwickeln
Erst außerhalb der Komfortzone beginnt das Erleben – Wir begrenzen uns ständig
„Verlasse Deine Komfortzone und verfalle nicht ins Konsumieren. Fernsehen, Computer, Schlafen, Essen, Alkohol…“
Erst die Überwindung der eigenen Komfortzone führt zu Erfolgserlebnissen und stärkt damit unser eigenes Selbstwertgefühl. Bequemlichkeit kann ab und zu sinnvoll sein, mittel – und langfristig sorgt sie aber zu Unzufriedenheit und in der Konsequenz zu mehr Konsum. Damit zu noch mehr Computer, weniger Schlaf und ggf. mehr Alkohol. Die Lebensqualität geht verloren.
Leider zeigt die Psychologie und die Lebenserfahrung, dass wir extrem stark dazu tendieren, immer dann, wenn neue Chancen in unser Leben treten, aus Bequemlichkeit, Unsicherheit oder Angst, in die alten eigefahren Bahnen, die aber hoch erprobt sind, zurückzufallen. Das Risiko durch die Veränderung zu scheitern, wird dann höher bewertet, als die Chance einer Veränderung zu nutzen.
Machen Sie sich bewusst: Wenn wir uns sicher sind, dass es klappt, brauchen wir keinen Mut mehr!
Verantwortung zu übernehmen setzt persönliche, innere Klarheit voraus
Wir benötigen eine klare innere Haltung und Bewusstsein darüber, was wir eigentlich im Leben wirklich wollen und ob wir bereit sind, den „Preis“ für alles was wir tun, zu bezahlen.
Erst wenn wir breit sind, den Preis (die Konsequenzen) für das eigene Handeln oder auch nicht Handeln, zu übernehmen, brauchen wir niemand anders mehr für die eigene Unzufriedenheit oder Erfolgslosigkeit verantwortlich zu machen. Hilflosigkeit, Ärger, Enttäuschung, Wut etc. gehören dann der Vergangenheit an. Wir brauchen keine Schuldigen mehr.
Erst dann wird es möglich sein, frei zu sein.
Setzen Sie sich mit Menschen auseinander, die anders denken und handeln als Sie – Geben Sie Ihrer mentalen Brille eine Chance
Menschen, die die Welt immer nur aus ihrer eigenen Perspektive betrachten, werden viele Chancen übersehen. Jeder kennt Menschen, die Ihr Umfeld kaum verlassen und keine „störenden oder unbequemen“ Gedanken an ihre persönliche Meinung oder Einstellung lassen. Schön Bequem aber sehr langweilig.
Darüber hinaus wird durch die zunehmende Verfestigung der eigenen Haltung, die Flexibilität des Verhaltens oder auch Denkens immer schwerer und damit die Fähigkeit, sich auf unterschiedliche Situationen flexible einstellen zu können, immer schwieriger.
Schreiben oder Erzählen klärt und löst viele Probleme bzw. sorgt für einen klaren Kopf.
Die größte Chance auf Klarheit erlangen wir, wenn wir uns mit Anderen austauschen, und dadurch unsere Gedanken so strukturieren, dass sie vom Gegenüber verstanden werden. Deshalb ist z.B. auch Tagebuchschreiben für etliche Menschen eine sehr nützliche Methode. Gleichzeitig findet dadurch eine emotionale Verarbeitung von „ungeklärten“ Gedanken und Problemen statt. So wie wir das erleben, wenn Kinder nach der Schule von ihren Erlebnissen erzählen.
Tipps
Die Reflektion folgender Themen, führt zu einer Steigerung der persönlichen Klarheit und persönlichen Wirkung:
- Welche Anforderungen oder Erwartungen setzen mich unter Druck?
- Sind es meine Erwartungen oder habe ich diese „blind“ übernommen?
- Gibt es etwas, was ich mir im Moment nicht eingestehen möchte?
- Wie stelle ich sicher, dass ich meinen Impulsen die Chance gebe, heute anders darauf zu reagieren, als in der Vergangenheit?
- Was für ein Vorbild möchte ich für meine Mitmenschen sein?
- In welchen Situationen
- Welches Gefühl ist eigentlich der Impuls meiner ggf. impulsiven oder auch sehr rationalen Reaktionen?
- Neige ich dazu, die Angst, den Stress oder das Ohnmachtsgefühl wegzudrücken und mit alten, bekannten Verhaltensmustern zu reagieren?
- Welche Hürden möchte ich dieses Jahr überwinden?
- Welche neuen Erfahrungen habe ich in den letzten Wochen gemacht? Was habe ich daraus für mich Konstruktives gelernt (bitte achten Sie darauf, dass es konstruktive Erfahrungen sind, die Ihr Leben bereichern, und keine Erfahrungen, die aus einer Verbitterung herauskommen)
Ich wünsche Ihnen alles Gute und weiterhin Erfolg.
Abrecht Müllerschön
Ähnliche Beiträge
Wer seinen Job liebt, der bleibt?
Interessant ist, dass aktuell Arbeitnehmer:innen mit ihrem Arbeitsplatz zufriedener sind, als je zuvor. Gleichzeitig lässt sich jedoch beobachten, dass die Wechselbereitschaft und tatsächliche Fluktuation immer weiter steigt. Diese Zunahme der Fluktuation lässt sich seit Corona deutlich...
"Mitarbeiter kündigen" ist Chefsache
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kündigen – vor dieser Aufgabe fürchten sich die meisten Führungskräfte, besonders von Klein- und Mittelunternehmen. Denn sie können sich anders als viele Konzernmanager nicht hinter der Entscheidung eines fernen Headquarters verstecken.
So führen Sie erfolgreiche Bleibe-Gespräche
Wenn Beschäftigte das Unternehmen verlassen wollen, bzw. Sie befürchten, dass eine Kündigung bevorstehen könnte, sollten Sie ein sogenanntes „Bleibegespräch“ führen.
Hier erhalten Sie Tipps, worauf Sie dabei achten sollten.